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Die „Chronische lymphatische Leukämie“ – nur eine „Altersleukämie“?

Gesundheitstipp von Dr. med. Thorsten Wenzel, stellvertretender Direktor der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin

Die „Chronischen lymphatischen Leukämie“ (CLL) betrifft häufig ältere Menschen (mittleres Erkrankungsalter Anfang bis Mitte siebzig) und wird sehr häufig im Rahmen einer Laborkontrolle entdeckt. Ursache der CLL ist eine bösartige Entartung von B-Lymphozyten, einer Untergruppe der weißen Blutkörperchen („Gesundheitspolizei des Körpers“). B-Lymphozyten können sich zu Plasmazellen weiterentwickeln, die für die Bildung von Antikörpern verantwortlich sind, die wiederum körperfremde Strukturen markieren und angreifen können. Die CLL gehört streng genommen nicht zu den Leukämien, sondern ist eine Unterart des Lymphknotenkrebses.

Charakteristisch für die CLL sind die Erhöhung von weißen Blutkörperchen (bzw. der bösartig veränderten Lymphozyten) und Lymphknotenschwellungen (Lymphome). An Symptomen können auftreten: Fieber (ohne Infektion), Nachtschweiß, Gewichtsverlust und eine erhöhte Infektionsneigung. Je nach Ausprägung der Verdrängung der gesunden blutbildenden Zellen im Knochenmark können unter anderem Blutarmut mit folglich verminderter körperlicher Belastbarkeit oder eine erhöhte Blutungsneigung hinzukommen. Prinzipiell kann die CLL auch andere Organe befallen oder es kommt durch erhebliche Lymphknotenschwellungen zur Beeinträchtigung anderer Organe. In manchen Fällen wird die Erkrankung im Verlauf auch aggressiver, so dass intensivere Therapien notwendig werden.

Sehr häufig verläuft die CLL aber langsam und ohne Symptome. Häufig ist eine Behandlung nicht erforderlich, so dass die Erkrankung mitunter als „relativ harmlose Altersleukämie“ tituliert wird. Das abwartende Vorgehen („Watch and wait-Strategie“) entspricht weiterhin den Empfehlungen der nationalen und internationalen Fachgesellschaften. Regelmäßige laborchemische und klinische Kontrollen werden durchgeführt, nicht selten ist zeitlebens gar keine Therapie erforderlich.

Sollten aber Symptome oder deutlich abweichende Laborbefunde vorliegen, muss eine medikamentöse Therapie eingeleitet werden. Neben klassischen Laborbefunden (Zahl der Lymphozyten im Blut bzw. vor allem schneller Anstieg der bösartigen Zahlen und gleichzeitiger Abfall von gesunden Zellen im Blut) können bildgebende Verfahren (Ultraschall, Computertomographie) helfen, die Entscheidung für eine Therapie zu untermauern. Hinzu kommen genetische Spezialuntersuchungen, die entscheidende Hinweise auf den zu erwartenden Krankheitsverlauf geben können.

Im Falle einer Therapie kommt immer seltener die klassische Chemotherapie zum Einsatz. Standard ist die Behandlung mit monoklonalen Antikörpern (Infusionen) gegen bestimmte Zielstrukturen auf der Oberfläche der Krebszellen in Kombination mit anderen modernen Substanzen oder teils noch mit Zytostatika. Seit mehreren Jahren werden zudem hochwirksame Medikamente in Tablettenform eingesetzt. Vielversprechende weitere Therapien (Immuntherapien) befinden sich in der Entwicklung und werden die Prognose der Betroffenen weiter verbessern. Die Diagnosestellung, die Indikationsstellung zur Therapie und die Behandlung der CLL sollte durch Spezialisten für Onkologie und Hämatologie erfolgen, da die Handhabung der Medikamente und das Behandeln von Nebenwirkungen viel Erfahrung erfordert. Eine enge Zusammenarbeit mit den betreuenden Hausärztinnen und -ärzten ist eine wesentliche Grundlage für den Therapieerfolg.