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Schlaganfall mit 24 Jahren

Auf den Spuren einer rätselhaften Krankheit

Als Meike Mittmeyer-Riehl 2012 die Diagnose „Schlaganfall“ erhält, bricht für sie eine Welt zusammen. Mit nur 24 Jahren, als gesunde, sportliche, schlanke Frau und überzeugte Nichtraucherin? Unmöglich! Eine Aufspaltung einer der Halsschlagadern hat den Infarkt ausgelöst: äußerst selten, wenig erforscht, aber eine der häufigsten Ursachen für Schlaganfälle bei jungen Patienten ohne typische Risikofaktoren.

Nicht immer liegt die Ursache für einen Hirninfarkt in Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Übergewicht oder Rauchen. Diese schmerzliche Erfahrung muss auch die heute 29-jährige Meike Mittmeyer-Riehl aus dem südhessischen Münster machen. Im März 2012 bricht sie nach dem Tennisspielen bei vollem Bewusstsein mit einer halbseitigen Lähmung zusammen. „Vorher spürte ich ein Stechen im Hals, dazu kamen leichte Kopfschmerzen, eine Benommenheit und Sprachschwierigkeiten. Glücklicherweise war mein Mann sofort bei mir und rief den Notarzt“, erinnert sich die junge Frau. Wenige Zeit später brachten sie die Rettungsassistenten in die Stroke-Unit ins Klinikum Darmstadt – eine rund um die Uhr überwachte Station für Schlaganfall-Patienten.

Lebensrettende Behandlung im Klinikum

Nach sofortiger Computertomographie, Magnetresonanztomographie und Ultraschall-Untersuchung der Halsgefäße bestätigt sich der schlimme Verdacht: Es ist ein Schlaganfall. Eine Aufspaltung der Halsschlagader - eine sogenannte spontane Dissektion - hat den Infarkt ausgelöst. 

„Bei einer spontanen Dissektion wird die innere Wand des Gefäßes – aus Gründen, die bis heute nicht geklärt sind – aufgespalten, so als würde man einen Reißverschluss öffnen. Durch diese Aufspaltung entsteht eine Art „Sackgasse“, in die nun Blut einströmt und die eine tödliche Gefahr verursacht. Außerdem kann das Blut an der Stelle der Verletzung gerinnen, wodurch sich ein Thrombus bildet, der sich ablösen und weitere Gefäße verstopfen kann“, weiß Prof. Rainer Kollmar, Direktor der Klinik für Neurologie und Neurogeriatrie am Klinikum Darmstadt. „Wenn das Gehirn dann nicht mehr genügend Sauerstoff bekommt, sind neurologische Ausfallerscheinungen wie Seh- oder Sprachstörungen, bleibende Lähmungen, schwere körperliche oder geistige Behinderungen oder im schlimmsten Fall der Tod die Folge.“

Doch Meike Mittmeyer-Riehl hat unglaublich viel Glück: Ihre rechte Hirnhälfte ist nur sehr kurze Zeit unterversorgt, sodass die Lähmung auf der linken Körperseite nur wenige Sekunden anhält. Dank einer vorbildlichen Rettungskette mit schnellem Handeln der Rettungsassistenten sowie der Neurologen auf der Stroke-Unit und der raschen Zufuhr von blutverdünnenden Medikamenten wird die Verstopfung des Gefäßes schnell wieder aufgehoben. Auch die CT-Aufnahmen geben keine Hinweise auf eine Hirnblutung. Die junge Frau trägt keine bleibenden Schäden davon und wird nach zwei Wochen Krankenhausaufenthalt in die neurologische Reha-Klinik nach Bad Orb entlassen.

Der Rückschlag

Weil keiner der Ärzte ihr die drängende Frage nach dem „Warum“ beantworten kann, begibt sich die Journalistin selbst auf die Spur dieser rätselhaften Krankheit. Forscher vermuten, dass die spontane Dissektion mit einer unheilbaren Bindegewebsveränderung zusammenhängt - was bedeutet, dass sich jederzeit wieder eine hirnversorgende Ader aufspalten und weitere Schlaganfälle verursachen könnte. Die Ungewissheit und der verzweifelte Versuch, eine Erklärung zu finden, stürzen die junge Frau nach und nach in eine psychische Erkrankung. 

Rund zweieinhalb Jahre nach dem Schlaganfall suchen sie immer öfter Panikattacken auf, hinzu kommen innere Unruhe und ständiger Schwindel: „Mein Körper war in permanenter Alarmbereitschaft. Wenn ich irgendwo im Körper nur das kleinste Stechen oder Ziehen spürte, fing mein Herz an zu rasen.“ Rein körperlich war alles gut verheilt, bei Nachuntersuchungen haben die Neurologen nicht geringsten Anlass zur Sorge. Dennoch fühlt sich die junge Frau miserabel: „Ich war nur noch müde und abgeschlagen, gleichzeitig aber so unruhig, als hätte ich rund um die Uhr Prüfungsangst.“ In diesen Situationen wird Meike Mittmeyer-Riehl bewusst, dass sie es alleine nicht mehr hinbekommt. Ende 2015 wird ihr ein stationärer Aufenthalt in der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie am Klinikum Darmstadt empfohlen, den sie kurze Zeit später auch antritt.

Die Aufarbeitung 

In der Klinik wird Meike Mittmeyer-Riehl zusammen mit einer Gruppe weiterer vollstationärer Patientinnen und Patienten von einem kleinen Team aus Pflegerinnen und Pflegern sowie Therapeutinnen und Therapeuten betreut. Ihr Alltag wird ab jetzt von einem Therapieplan bestimmt, der sich aus Kunst-, Musik- und Bewegungstherapie, Einzel- und Gruppengesprächen sowie Entspannungsübungen zusammensetzt. „Wir waren ein bunt gemischter Haufen – und doch waren wir alle vereint mit ganz ähnlichen Schicksalen. Ich fühlte mich in dieser familiären Atmosphäre sehr wohl und hätte nie gedacht, dass mir dieser Klinikaufenthalt so gut tun würde“, berichtet die damals 28-Jährige.

Heute weiß sie, dass ihr die größte Herausforderung noch bevor steht: Das, was sie in den zweieinhalb Monaten Klinikaufenthalt mitgenommen hat, im Alltag umzusetzen. „Ich danke dem lieben Ärzte-, Pflege- und Therapeutenteam, dass sie mich auf diesem schwierigen Weg so geduldig begleitet haben. Die Klinik war der Anstoß gewesen, wieder selbst loszulaufen. Ich habe gelernt, mit den Symptomen umzugehen, mehr auf meinen Körper zu hören und die schwere Zeit meiner Erkrankung aufzuarbeiten, statt sie zu verdrängen.“

Das Buch

Aus dieser Aufarbeitung ist das vorliegende Buch „Der Spalt: Wie mich – 24, schlank, sportlich, Nichtraucherin – der Schlag traf“ entstanden, das die Erlebnisse der vergangenen vier Jahre schonungslos und mutig offenlegt. Der Anspruch der Autorin war es allerdings nicht nur, ihre erschütternde Geschichte mit anderen zu teilen, sondern auch über diese seltene Schlaganfallursache bei jüngeren Patienten aufzuklären. „Ich möchte mit dem Mythos aufräumen, dass ein Schlaganfall nur alte, kranke Menschen treffen kann. Leider hat nicht jeder Betroffene so viel Glück wie ich. Darum ist es so wichtig, die Symptome zu kennen und sofort zu handeln – egal, ob es sich um ein Kind oder einen Senior handelt.“


Meike Mittmeyer-Riehl
„Der Spalt: Wie mich – 24, schlank, sportlich, Nichtraucherin – der Schlag traf.“

Gedruckte Ausgabe: neopubli GmbH, Berlin ISBN: 978-3-8442-1001-9, Preis: 14,99 Euro
E-Book-Ausgabe: neobooks.com, ISBN: 978-3-7380-6898-6, Preis: 6,99 Euro




Kontakt Klinikum Darmstadt

Klinik für Neurologie und Neurogeriatrie
Prof. Dr. Rainer Kollmar
Grafenstraße 9
64283 Darmstadt
Tel.: 06151 - 107 4501
E-Mail: neurol.klinik(at)​mail.klinikum-darmstadt.de

Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Dr. Alexandra Mihm
Heidelberger Landstraße 379
64297 Darmstadt-Eberstadt
Tel.: 06151 - 107 4061
E-Mail: psychosomatik(at)​mail.klinikum-darmstadt.de