Nach wie vor ist die koronare Herzerkrankung, also die Ablagerungen von Fett und Kalk in den Herzkranzgefäßen, die Todesursache Nummer Eins in Deutschland. Jährlich wird dies im Monat November durch die Herzwochen in die Erinnerung gerufen, aber nicht alle Menschen im Risikoalter nehmen diese Warnungen und Hinweise ernst - ab 50 Jahren bei Männern und ab 60 bei Frauen.
Anlass daran zu erinnern ist der tragische Fall eines 65-jährigen Mannes, der seit mehreren Tagen Schmerzen im Brustbereich hatte, und diese offensichtlich nicht ernst genommen hatte, bis er mehr als eine Woche später zum Hausarzt ging, der dann im EKG einen großen Infarkt festgestellt hatte. Noch während der Fahrt zum Klinikum im Rettungswagen musste der Mann wiederbelebt werden, und schließlich mussten wir bei Eintreffen in unserem Herzkatheterlabor eine Ruptur der Herzwand als Folge des über mehrere Tage verschleppten Herzinfarktes feststellen, eine Verletzung der Herzmuskelwand, die in einer solchen Situation nicht mehr reparabel ist und an der man verstirbt.
Wäre der Mann mit Beginn seiner Beschwerden zu seinem Arzt oder besser noch bei anhaltenden Beschwerden mit Anruf der Nummer 112 über den Notarzt direkt ins Klinikum gekommen, hätten wir den Herzinfarkt als Ursache sofort behandeln können, und der Mann wäre wenige Tage später wieder zu Hause gewesen.
Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Rettungsdienst und den Notärzten konnte man im Klinikum Darmstadt über die letzten Jahre eine Optimierung der Herzinfarktbehandlung erreichen, die dazu führte, dass zwischen dem Anruf 112 und der erfolgreichen Eröffnung eines Herzinfarktgefäßes nur im Mittel 80 Minuten vergehen. Diese kurze Zeit führt zu einer Verringerung der Sterblichkeit vor allem bei den sehr großen Infarkten, und damit liegt das Klinikum im Deutschland weiten Vergleich in der Spitzengruppe eines nationalen Herzinfarktregisters.
Die erfolgreiche Behandlung setzt aber voraus, dass die gefährdeten Menschen ihre Symptome erkennen und rechtzeitig ihren Arzt aufsuchen, wenn diese Beschwerden langsam und kurzzeitig im Rahmen einer körperlichen Belastung auftreten, und in Ruhe wieder zurückgehen, oder aber direkt 112 anrufen, wenn diese Beschwerden auch in Ruhe anhalten über mehrere Minuten und damit evtl. mit zusätzlichem Schweißausbruch und Unruhe einen Infarkt ankündigen. Die sog. Angina Pectoris als typisches Symptom ist ein Druck oder Brennen hinter dem Brustbein, also in der Brustmitte, oft ausstrahlend in den Kiefer oder aber in den Schulterbereich. Oft erwähnt ist die Ausstrahlung in den linken Arm, dies ist aber nicht immer der Fall, häufiger ist der zentrale Brustbereich der Hauptschmerzort, seltener aber auch der Rücken oder unter dem Zwerchfell. Typisch ist, dass diese Schmerzen bei Belastung auftreten und mit der Ruhe wieder nachlassen.
In der kommenden kalten Jahreszeit führt die fallende Temperatur dazu, dass die Herzkranzgefäße eher „verkrampfen“ und die Angina Pectoris Beschwerden früher und bei leichteren Belastungen auftreten. Bei diesen Beschwerden sollte rasch ein Hausarzt oder Internist aufgesucht werden, um die weitere Diagnostik einzuleiten.
Also sollte man gerade jetzt im Herbst und Winter wachsam sein, vor allem wenn man zu den Menschen mit erhöhtem Risiko gehört: dies sind insbesondere Diabetiker, Hochdruckpatienten, Raucher, aber vor allem auch jene, in deren Familie schon Herzinfarkte oder Behandlungen an verengten Herzkranzgefäßen durch Stents bei den Eltern und Blutsverwandten aufgetreten sind.
Medizinische Klinik I - Kardiologie und internistische Intensivmedizin