Notfall
Terminanfrage
Schwangerschaft & Geburt
Lageplan
Ansprechpersonen
Lob & Kritik

Das ominöse Prostata-Spezifische Antigen

Gesundheitstipp von PD Dr. med. Rolf Gillitzer, Direktor der Urologischen Klinik, informiert über das PSA, das oft als Tumormarker bezeichnet wird, aber eigentlich ein hochspezifischer Organmarker ist.

Das Prostata Spezifische Antigen (PSA) ist ein Enzym, welches ausschließlich von Prostatadrüsen gebildet wird. Seine Funktion ist die Verflüssigung des Samensekretes. Das PSA liegt im Blutserum frei und auch an Proteine gebunden vor. Fälschlicherweise wird das PSA landläufig als Tumormarker bezeichnet. In Wirklichkeit ist es aber kein Tumormarker, sondern ein hochspezifischer Organmarker.

Das heißt sein Nachweis im Blut setzt zwingend das Vorhandensein von Prostatazellen voraus. Veränderungen oder Erkrankungen der Prostatadrüse können zu Veränderungen des PSA-Wertes führen. Allgemein korreliert die im Blut nachweisbare PSA-Menge mit dem Prostatavolumen. Je größer die Prostata, umso höher der PSA-Wert. Zudem können mechanische Reize der Prostata, wie z.B. exzessives Fahrradfahren, zu einer Erhöhung des PSA-Wertes führen.

In ähnlicher Weise führen Harnblasenentleerungsstörungen (z.B. akuter Harnverhalt) zu einer temporären PSA-Werterhöhung. Auch akute und chronische Entzündungen der Prostata haben eine Erhöhung des PSA-Wertes zur Folge. So ist es nicht untypisch, bei Prostataentzündungen 10fach erhöhte PSA-Werte als normal zu beobachten.

Deshalb gilt: Der PSA-Wert sollte deswegen immer nur im Kontext mit der Patientengeschichte interpretiert werden. Gleichwohl ist der PSA-Wert von besonderer Bedeutung für die frühzeitige Erkennung eines Prostatakarzinoms und in der Nachsorge. Auch der zeitliche PSA-Verlauf ist bei der Bewertung wichtig, insbesondere eine stetige Zunahme des PSA-Wertes.

Ein einzelner PSA-Wert sollte nie ausschlaggebend für die Einleitung weiterer diagnostischer Maßnahmen sein. Jeder verdächtige PSA-Wert sollte vielmehr innerhalb einiger Wochen bis Monate kontrolliert werden.

Der für den Labortest festgelegte PSA-Maximalwert liegt bei 4 ng/ml, und zwar unabhängig vom Prostatadrüsenvolumen. Da 1 Gramm Prostatagewebe ca. 0,1 Nanogramm PSA pro Milliliter Serum produziert, wurde der normale Wert für eine „normal“ große Prostatadrüse von ca. 40ml bei 4 ng/ml festgelegt. Prostatakarzinome produzieren pro Gramm Tumorgewebe etwa 10 Mal mehr PSA als die gutartige Prostatavergrößerung. Weil aber nicht alle Männer ein Prostatavolumen von exakt 40 ml haben, sondern die Drüsengröße sogar massiven individuellen Schwankungen (von 15 bis zu über 250 g) unterliegt, ist die PSA-Dichte (PSA-Wert pro Prostatadrüsenvolumen) der deutlich bessere Parameter zur Erkennung eines Prostatakarzinoms als der absolute Gesamt-PSA-Wert.

Je niedriger die PSA-Dichte, umso unwahrscheinlicher liegt ein Prostatakrebs vor.

Der PSA-Wert bietet sich schließlich als hervorragender Verlaufsparameter in der Nachsorge eines Prostatakarzinoms an. Ein steigender PSA-Wert zeichnet als sog. „Surrogatparameter“ bestehende Tumoraktivität nach. Da sehr niedrige Blutkonzentrationen im Nanogrammbereich nachgewiesen werden können (1 Nanogramm = 1/1.000.000 Milligramm), kann mit dem PSA-Wert frühzeitig ein Fortschreiten der Erkrankung nachgewiesen werden. Der PSA-Verlauf erlaubt auch Rückschlüsse über ein Therapieansprechen.

In den letzten Jahren haben zwischen den urologischen Fachgesellschaften und den nationalen Gesundheitsgremien weltweit heftige Diskussionen bezüglich der Wertigkeit der PSA-Bestimmung zur Früherkennung von Prostatakarzinomen stattgefunden. Es geht darum, festzulegen, ob der PSA-Wert als sogenannte „Screening“ -Untersuchung breitflächig in der Bevölkerung zur Primärdiagnostik des Prostatakarzinoms eingesetzt werden soll. Dies ist verständlicherweise aber nur dann sinnvoll, wenn sich durch das PSA-Screening die Prostatakarzinomsterblichkeitsrate senken lässt.

Diese Fragestellung beschäftigte zwei groß angelegte wissenschaftliche Studien, die in den 90-er Jahren durchgeführt wurden. Die Studien kamen allerdings zu widersprüchlichen Ergebnissen:

Die PLCO-Studie (Prostate, Lung, Colorectal and Ovarian Cancer Screening Trial) in den USA führte zu einer negativen Bewertung. Diese Studie ist jedoch durch multiple Fehler im Design und Ablauf gekennzeichnet und wurde wissenschaftlich stark kritisiert. Nachdem in den USA aufgrund dieser Studienergebnisse, das PSA-Screening eingestellt wurde, nehmen dort die fortgeschrittenen und nicht mehr heilbaren Prostatakarzinome wieder zu.

Demgegenüber hat eine groß angelegte europäische Felduntersuchung, die ERSPC-Studie (European Randomized study of Screening for Prostate Cancer), mit sehr viel weniger fehlerbehaftetem Aufbau zeigen können, dass die Wahrscheinlichkeit des Versterbens durch ein Prostatakarzinom bei Studienteilnehmern, die einer Früherkennungsuntersuchung mittels PSA zugeführt wurden, gesenkt werden konnte. Ein Ableger dieser Studie hat kürzlich nach nunmehr 22 Jahren Nachbeobachtung diese Ergebnisse bestätigen können (Deutsches Ärzteblatt 119; Heft 17, April 2022). Der möglichst frühe Einsatz des PSA-Wertes hilft auch, die Anzahl der metastasierten Fälle zu reduzieren.

Mehrere urologische Fachgesellschaften plädieren mittlerweile für einen individualisierten und risikoadaptierten Einsatz der PSA-Bestimmung im Rahmen der Früherkennung. Dieser berücksichtigt unter anderem Patientenalter und Allgemeinzustand, sowie Patientenwünsche. Es geht dabei nicht darum, so viele Prostatakarzinome wie möglich zu entdecken, sondern selektiv solche frühzeitig zu erkennen, die unentdeckt und unbehandelt den Patienten gefährden könnten.

Urologische Klinik