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Was tun, wenn das Ohr verstopft ist?

Gesundheitstipp von Dr. Ingo Ott, Leitender Oberarzt in der HNO-Klinik

Ein Zuviel an Ohrschmalz, im medizinischen Fachjargon Cerumen genannt, wird gemeinhin oftmals mit mangelnder Körperhygiene in Verbindung gebracht. Dabei wird häufig verkannt, dass dieser eine wichtige Reinigungs- und Schutzfunktion für den äußeren Gehörgang besitzt.

Der Gehörgang und die Oberfläche des Trommelfelles sind von Haut ausgekleidet, die sich ständig erneuert. Zudem sondern die Schmalzdrüsen der Haut ein Sekret ab, das antibakteriell wirksame Enzyme enthält und damit Entzündungen vorbeugt. Staub wird von ihm am Gehörgangseingang abgefangen und es pflegt die Gehörgangshaut. Durch seinen Geruch hält es sogar Insekten vom äußeren Gehörgang fern. Zusammen mit dem Sekret der Hautdrüsen wandern die abgestoßenen Hautschuppen kontinuierlich nach außen, wodurch die Selbstreinigungsfunktion aufrechterhalten wird.

Menge und Zusammensetzung des Ohrschmalzes unterliegen einer großen individuellen Schwankungsbreite und stehen in keinem Zusammenhang mit der persönlichen Körperpflege und Hygiene. Besonders ältere Menschen neigen aufgrund der verminderten Sekretproduktion und der damit nachlassenden Selbstreinigungsfunktion zur vermehrten Ansammlung von Ohrschmalz, dem sogenannten Ohrenschmalzpropf.

Eine weitere sehr häufige Ursache ist die angewandte Praxis der Selbstreinigung des Gehörgangs mit Wattestäbchen oder vergleichbaren Gegenständen. Hierbei wird zwar Cerumen aus dem Gehörgang entfernt, gleichzeitig aber oft ein Teil tiefer in den Gehörgang in Richtung Trommelfell verfrachtet, wo es sich dann vermehrt ansammelt. Ähnlich verhält es sich beim regelmäßigen Tragen von Hörgeräten oder „In-Ear“-Kopfhörern.

Insbesondere bei Kleinkindern und Säuglingen mit deren deutlich kürzen Gehörgängen besteht bei Reinigungsversuchen zudem die nicht unerhebliche Gefahr einer Trommelfellverletzung.

Verletzungen und Reizungen der Gehörgangshaut durch den Selbstreinigungsversuch können außerdem unangenehme und schmerzhafte Entzündungen verursachen. Füllt der Ohrschmalz den Gehörgang komplett aus, treten zudem Symptome wie Hörverlust und gelegentlich auch Tinnitus auf, die einen Hörsturz vortäuschen können.

Da die intakte Selbstreinigungsfunktion des Gehörganges den Ohrschmalz nach außen befördert, reicht es im Normalfall aus, das am Gehörgangseingang austretende Sekret mit einem sauberen Tuch abzuwischen.

Nur wenn dies nicht im ausreichenden Maße erfolgt, sind weitere Maßnahmen angezeigt. Hierzu sind in Apotheken und Drogeriemärkten verschiedene Sprays und Lösungen erhältlich, die den Ohrschmalz aufweichen, so dass dieser dann mit lauwarmem Wasser sanft aus dem Gehörgang gespült werden kann. Auch sind verschiedenartige Ohrspülsysteme erhältlich, die bei sachgerechter Anwendung in der Regel eine zuverlässige Reinigung des Gehörganges gewährleisten. Bei einem bekannten Trommelfelldefekt ist dies unbedingt zu vermeiden, da ansonsten das Sekret in den Mittelohrraum gelangen kann und dort eine Mittelohrentzündung verursacht. In diesen Fällen ist immer ein Hals-Nasen-Ohrenarzt zu konsultieren.

Ein beliebtes Hausmittel ist lokale Anwendung von Mandel- oder Walnussöl, das man einige Minuten einwirken lässt. All diese Maßnahmen sind allerdings nur bei Kindern und Erwachsenen geeignet und sollten bei Säuglingen unbedingt unterlassen werden. Die Anwendung von sogenannten Ohrenkerzen, welche der Alternativmedizin zuzuordnen ist, hat keinen wissenschaftlich nachgewiesenen Effekt und birgt zudem die Gefahr von Trommelfellverletzungen, weshalb von deren Gebrauch abgeraten wird.

Wann immer zusätzlich zu den typischen Symptomen eines vermehrten Ohrschmalzes Schmerzen auftreten, ist dies als Anzeichen einer Entzündung des Gehörganges zu werten und sollte Anlass geben, zeitnah eine Hals-Nasen-Ohrenärztliche Praxis aufzusuchen, da andernfalls insbesondere bei immungeschwächten Patienten unter Umständen schwerwiegende Komplikationen auftreten können. In der Regel lässt sich die Schmerzsymptomatik bis dahin jedoch mit leichten Schmerzmitteln wie Ibuprofen oder Benuron beherrschen, so dass nur in Ausnahmefällen das Aufsuchen einer Notfallambulanz notwendig wird.

6. Januar 2020