Der „da Vinci“ Robotersystem ist mittlerweile auch am Klinikum Darmstadt in der Urologie und Allgemein- und Thoraxchirurgie etabliert und Bestandteil des Therapieangebots. Sowohl in der Allgemeinchirurgie wie auch in der Urologie verfügen die Operateure über langjährige Erfahrung mit dem System.
PD Dr. med. Rolf Gillitzer war an der Einführung des „da Vinci“ – Roboterprogrammes in der Universitätsklinik Mainz im Jahr 2007 federführend beteiligt und leitete dort das Programm.
Die roboter-assistierte Chirurgie basiert auf der minimal-invasiven Laparoskopie. Bei der Laparoskopie wird der Bauchraum mit C02-Gas aufgepumpt. Über Hülsen, die durch die Bauchdecke eingebracht werden, werden eine Kamera und die Instrumente in den Körperinnern eingeführt. Wesentliche Vorteile sind das minimale Körpertrauma, da nur kleine Schnitte dafür Notwendig sind. Durch den erhöhten Druck im Bauchraum wird die Blutungsneigung minimiert. Somit werden der Laparoskopie im Allgemeinen niedrige Bluttransfusionsraten, ein geringer postoperativer Schmerzmittelbedarf sowie niedrigere Infektionsraten attestiert. Die Patienten erholen sich schneller und können den allgemeinen Alltag und Berufsleben schneller wiederaufnehmen. Die laparoskopische Chirurgie ist jedoch hochkomplex und schwer zu erlernen, insbesondere wenn eine Rekonstruktion von Organsystemen notwendig ist. Nur wenige Chirurgen meistern die Methode in der gesamten therapeutischen Spannbreite. Zudem ist die Laparoskopie generell mit einer schlechten Ergonomie behaftet, die den Chirurgen körperlich bis an seiner Belastbarkeitsgrenze führen kann.
Die roboter-assistierte laparoskopische Chirurgie basiert auf der Laparoskopieplatform. Die Bezeichnung „Roboter“ ist jedoch irreführend. Der Chirurg sitzt bequem an einer Konsole) und schaut in einem hoch-auflösendes 3-D-Monitor, der eine bis zu 10-fache Vergrößerung des Bildes in HD-Qualität erlaubt, hinein. Mit den Händen betätigt er die „Telemanipulatoren“. Seine Bewegungen werden in Echtzeit auf die Patienteneinheit übertragen. Die Arme der Patienteneinheit führt die Instrumente im Körperinnern und damit die Bewegungen des Operateurs an dem Patienten kontrolliert und präzise aus.
Die wesentlichen Vorteile der roboter-assistierten Chirurgie sind insbesondere die große Beweglichkeit der Instrumente mit sieben Freiheitsgraden. Das Bewegungsausmaß ist größer als der der eigenen Hand. Der Übersetzungsmaßstab der Bewegung lässt sich einstellen. Das heißt, größere Bewegungen an den Telemanipulatoren, können skaliert in kleinen Bewegungen am Patienten übertragen werden. Ein Zittern des Operateurs wird vom System wegfiltriert.
Der einzige Nachteil des Systems ist der fehlende Tastsinn für das Gewebe (Haptik). Erfahrene Operateure lernen jedoch dieses durch das visuelle Bild zu kompensieren.
Da für die meisten Eingriffe in der Urologie eine Rekonstruktion des Harntraktes notwendig ist, bei der sehr präzise genäht werden muss, hat sich diese chirurgische Assistenz-Plattform insbesondere in der Urologie etabliert. Hiermit werden vor allem Prostata-, Nieren-, und Harnblaseneingriffe durchgeführt.
Es kann praktisch jeder offen-chirurgische Eingriff in der Urologie robotisch-assistiert durchgeführt werden.
In mehreren Studien konnte die Überlegenheit der roboter-assistierten urologischen Chirurgie im Vergleich zur offenen Chirurgie für einige Aspekte wie Blutverlust, postoperativen Schmerzmittelverbrauch oder eine schnellere Erholung belegt werden. Andere funktionelle Ergebnisse wie z.B. Harnkontinenz- und Potenzraten bei Prostataoperationen sind jedoch vergleichbar. Letztendlich ist der wichtigste Erfolgsgarant des Eingriffs der durchführende Chirurg.
Die Vorgängereinheiten des medizinischen Robotersystems „da Vinci“ wurden primär vom amerikanischen Militär konzipiert um Kriegsverwundete an der Front über Telemedizin zu versorgen. Die Technologie wurde von privaten Unternehmen aufgekauft und weiterentwickelt. Die weltweit erste urologische Operation mit dem da-Vinci-Robotersystem gab es im Jahr 2001 in der Universitätsklinik Frankfurt. Es wurden bei einer Reihe von Patienten Prostatadrüsen bei Prostatakrebs entfernt. Die Chirurgen erkannten, dass diese neue Technologie wesentliche Vorteile gegenüber der klassischen Laparoskopie hatte und ein Arbeiten, fast wie beim offenen Operieren erlaubte. Insbesondere waren die Gewebepräparation und das Nähen im Vergleich zur laparoskopischen Technik deutlich vereinfacht. Das Zukunftspotential dieser neuen Methode wurde sofort offensichtlich.
Die roboter-assistierte Chirurgie hat sich insbesondere in den USA schnell weiterverbreitet. Gründe dafür sind die massiven Werbekampagnen medizinischer Innovationen und die finanziellen Erstattungsgrundlagen im nordamerikanischen Raum.