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Epilepsie und Schwangerschaft

Gesundheitstipp von Dr. Maria Weis

Epilepsie bezeichnet eine Gruppe von Erkrankungen, deren Ursache eine Funktionsstörung von Nervenzellverbänden des Gehirns ist. Dort arbeiten Milliarden von Neuronen aufeinander abgestimmt und koordiniert zusammen, um Signale weiterzugeben. Bei einem Anfall funktioniert plötzlich das Gleichgewicht der Nervenzellen nicht mehr. Wie bei einem Gewitter sind große Partien der Nervenzellen übererregt, ganze Neuronengruppen entladen sich gleichzeitig und synchron.  

Diese Erkrankung kann Menschen in jedem Lebensalter betreffen, damit auch junge Frauen. Bei vielen Frauen mit Epilepsie und deren Partnern wirft ein Kinderwunsch die Frage auf, ob eine Schwangerschaft für die Patientin selbst oder ihr Kind mit besonderen Risiken einhergeht.  Sie machen sich u.a. viele Gedanken dazu, ob sich die Epilepsie unter der Schwangerschaft verschlechtern kann, ob das Kind durch die antiepileptische Behandlung oder Anfälle geschädigt werden kann, ob sie die Epilepsie an das Kind vererben können.

Wie verschiedene Studien und Umfragen zeigen, besteht zu diesen Themen ein hoher Informations- und Beratungsbedarf. Daher sind bereits vor einer geplanten Schwangerschaft eine intensive Betreuung und Beratung der Epilepsiepatientinnen von großer Bedeutung.

Die Anfallssituation verändert sich erfreulicherweise bei den meisten Frauen mit Epilepsie während einer Schwangerschaft nicht, bei einigen nimmt sie sogar ab. Wichtig ist allerdings, dass die Medikamente nicht aus Angst vor Nebenwirkungen reduziert oder gar abgesetzt werden.  Auch muss die Medikation im Verlauf der Schwangerschaft immer wieder überprüft und teilweise auch angepasst werden, da sich die Verstoffwechselung und Ausscheidung der Antiepileptika im Verlauf der Schwangerschaft verändern kann. Da ein Folsäuremangel in der Schwangerschaft das Risiko für verschiedene Fehlbildungen erhöht, ist es wichtig, bereits vor einer Schwangerschaft eine Folsäureprophylaxe einzuleiten. Das Risiko einzelner und kleiner Anfälle während der Schwangerschaft scheint für das Kind relativ gering zu sein. Problematisch sind allerdings Anfallsserien, Grand mal-Anfälle und anfallsbedingte Stürze. Daher sollte während der Schwangerschaft möglichst Anfallsfreiheit angestrebt werden. Dazu sollten Antiepileptika möglichst in Monotherapie eingenommen werden und so gering wie möglich und so hoch wie nötig dosiert werden.

Weltweit werden seit mehr als 20 Jahren mehrere Schwangerschaftsregister geführt mit dem Ziel, verschiedene Behandlungsoptionen von Epilepsie-Patientinnen in der Schwangerschaft bezüglich des Risikos von Fehlbildungen beim Kind zu vergleichen und damit eine möglichst optimale Beratung für die Patientinnen zu ermöglichen.

Im EURAP-Register wurden bis Mai 2023 Daten von mehr als 1,500 Ärzten aus 47 Ländern mit fast 30.000 Schwangerschaften erfasst, wovon mehr als 17.000 Schwangerschaften ausgewertet werden konnten. Dabei fand sich eine durchschnittliche Fehlbildungsrate von 4,6 Prozent; diese liegt bei einer Behandlung mit nur einem Medikament niedriger und bei Behandlungen mit mehreren Medikamenten höher. Dabei konnte herausgefunden werden, dass das Risiko deutlich abhängig davon ist, welches Medikament während der Schwangerschaft eingenommen wurde. So ist das Risiko für kongenitale Malformationen gegenüber gesunden Frauen, die keine Medikamente einnehmen müssen, bei Behandlung mit Lamotrigin oder Levetiracetam kaum erhöht, wogegen es bei Behandlung mit Valproinsäure deutlich erhöht ist. Daher sollte Valproinsäure bei der Behandlung von jungen Frauen mit Epilepsie nicht eingesetzt werden.

Analysen der EURAP-Daten in verschiedenen Zeiträumen von 2000 bis 2013 zeigen, dass diese Informationen bereits zu einer deutlichen Veränderung der Medikamentenverordnungen geführt haben, wodurch das Risiko für größere Fehlbildungen, das zu Beginn der Datenerfassung noch bei 6 Prozent lag, deutlich gesenkt werden konnte, ohne dass sich die dokumentierte Anfallssituation wesentlich verschlechtert hat.

Bei komplikationslosem Schwangerschaftsverlauf ist für Frauen mit Epilepsie eine vaginale Geburt meist möglich. Die Entbindung sollte allerdings nicht zu Hause erfolgen, sondern in einer Klinik mit Neonatologie, damit im Ernstfall Mutter und Kind optimal versorgt werden können.

Auch Stillen ist bei Müttern mit Epilepsie häufig möglich. Die Wirkstoffe der meisten Epilepsiemedikamente sind zwar in der Muttermilch, aber das Kind hatte während der gesamten Schwangerschaft bereits über Nabelvene und Fruchtwasser Kontakt mit den Medikamenten. Studien zeigen, dass sich Stillen trotz antiepileptischer Therapie eher positiv auf die kognitive Entwicklung der Kinder auswirkt. Wichtig ist jedoch, die Kinder gut zu beobachten und insbesondere auf Trinkschwäche und Sedierung beim Kind zu achten.

Zu Hause ist es dann wichtig, Risiken für das Kind dadurch zu vermeiden, dass beispielsweise beim Wickeln und Stillen auf eine sichere und stabile Position für das Kind geachtet wird und Babys nicht alleine gebadet werden.