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In acht Prozent der Geburten kommen Kinder zu früh auf die Welt

In Perintalzentren - wie es eines der höchsten Versorgungsstufe im Klinikum Darmstadt gibt - sind sie gut aufgehoben: Dr. Georg Frey informiert zum Welttag der Frühgeborenen am 17. November

In acht Prozent der Geburten kommen Kinder zu früh auf die Welt. Darauf macht der Welt-Frühgeborenen-Tag jedes Jahr am 17. November aufmerksam. Vor welchen Herausforderungen „Frühchen“ und ihre Eltern stehen, erläutert Dr. med. Georg Frey, Ärztlicher Leiter der Klinik für Neonatologie am Klinikum Darmstadt.

Frühgeborene sind alle Neugeborenen, die vor 37 vollendeten Schwangerschaftswochen und/oder mit weniger als 2.500 Gramm Geburtsgewicht zur Welt kommen. Im Jahr 2020 waren davon 60.682 Kinder in deutschen Geburtskliniken betroffen. „Dabei kommt die Mehrzahl der Frühgeborenen als sogenannte moderate bzw. späte Frühgeborene zur Welt. Nur etwa 10 Prozent aller Frühgeborenen werden als "sehr kleine Frühgeborene" bezeichnet. Sie wiegen weniger als 1.500 Gramm bei der Geburt und/oder kommen vor der vollendeten 32. Schwangerschaftswoche zur Welt. Je früher die Kinder zur Welt kommen, umso unreifer sind sie. Das betrifft zum Beispiel die inneren Organe, den Stoffwechsel, insbesondere das Gehirn und auch das Immunsystem.“ Die Anpassung nach der Geburt sei eine große Herausforderung für den unreifen Körper und die Organreifung müsse dann außerhalb des Körpers der Mutter stattfinden, erklärt Dr. Georg Frey.

Auf seinen zwei neonatologischen Stationen (die Neonatologie ist die Früh- und Neugeborenenmedizin) liegen viele dieser Frühgeborenen im Brutkasten/Inkubator, um sie bei der Regulation des so wichtigen Wärme- und Energiehaushaltes zu unterstützen. Mit modernster Technik werden die Vitalparameter wie Herz- und Atemfrequenz, der Blutdruck und die Sauerstoffwerte überwacht. Auf der Intensivstation piepen die Monitore – ansonsten sind die Räume warm und ruhig. Die Frühgeborenen, die weniger Unterstützungsbedarf haben, liegen auf der neonatologischen Überwachungsstation. Dr. Georg Frey sagt: „Es geht vor allem neben der medizinischen Versorgung darum, mit adäquatem Nahrungsaufbau eine Infektion oder Auskühlung zu vermeiden.“ Das alles geschehe ganz langsam, um die empfindliche Wahrnehmung der Babys nicht zu stören.

Neonatologien sind in Deutschland in verschiedene Level unterteilt, die sogenannten Perinatalzentren Level 1, 2 und 3 (perinataler Schwerpunkt). In einem Level-1-Zentrum – wie es das Klinikum Darmstadt vorhält – können Frühgeborene ab einem Gewicht von 500 Gramm versorgt werden. Level-1-Zentren sind unter anderem dadurch ausgezeichnet, dass Geburtsklinik und die Neonatologie Tür an Tür liegen und dass rund um die Uhr Fachärzt*innen, Anästhesist*innen, speziell ausgebildete Kinderärzt*innen und Pflegekräfte vor Ort sind.

In Darmstadt wurde das Südhessische Perinatalzentrum 1997 gegründet, die damalige Kinderintensivstation wurde mit der Neonatologischen Intensivmedizin in die Frauenklinik

des Klinikums Darmstadt verlegt. „Das war für die Versorgung aller kranker Neugeborener ein sehr wichtiger Schritt. Denn damit war der riskante Transport schwer kranker Neugeborener in der eigenen Klinik nicht mehr erforderlich. Zur gleichen Zeit wurde nahezu kein Kind unter 32 Schwangerschaftswochen mehr in den damals neun umliegenden Geburtskliniken in Südhessen geboren. Allein diese Maßnahme der Zentralisierung reduzierte die Komplikationsrate der Frühgeborenen deutlich“, berichtet Dr. Frey.

Im Laufe der weiteren Entwicklung verbesserte sich auch die Ausbildung der Pflegenden sowie der Ärzte*innen deutlich, erzählt er weiter. Die spezielle Weiterbildung in Neonatologie, pädiatrischer Intensivmedizin und Geburtshilfe wurde im wiedervereinigten Deutschland erst Anfang der 90er Jahre etabliert. Gleichzeitig wurde die Kontrolle von Qualität und Struktur in der Perinatalmedizin verpflichtend.

„In Darmstadt wurde die Klinik für Neonatologie stets erweitert, von initial 12 Betten 1997 auf 40 Betten heute. Mit dem Umzug in den Zentralen Neubau Klinikum Darmstadt 2020 ist nun auch eine optimale bauliche Voraussetzung in unserem Zentrum geschaffen. Im Qualitäts-Benchmarking liegen wir im nationalen Vergleich über zwei Jahrzehnte hinweg im Spitzenfeld. Seit 2017 ist unsere Klinik regelmäßig KTQ-zertifiziert.“ Als Herausforderungen nennt Dr. Frey die weitere Qualitätssteigerung sowie die Verbesserung des Personalschlüssels. „Gut gemeint vom Gesetzgeber, stellt uns die Verbesserung des Pflegeschlüssels beim aktuellen Fachpflegekräftemangel vor großen Herausforderungen. Obwohl die Vermeidung kranker Neugeborener immer besser gelingt, braucht dennoch jedes 10. Kind nach seiner Geburt eine stationäre Behandlung. Die Erkenntnis, dass Wertschätzung und Vergütung der hochqualifizierten Kollegen*innen der Pflege zu erhöhen sind, ist leider kein neuer Lösungsansatz, effektiv wäre er wahrscheinlich dennoch. Ohne gut ausgebildete Pflegekräfte können wir diesen Standard nicht aufrechterhalten oder gar verbessern.“

Ab der 24. Schwangerschaftswoche gilt ein Säugling als überlebensfähig. Nach Erfahrung von Neonatologen und den dort arbeitenden Pflegekräften ist es jedoch ein weiter Weg, bis die Kinder nach Hause entlassen werden können. „Man muss ehrlichweise sagen, dass die Chancen bei Babys, die in der 24. Schwangerschaftswoche oder noch früher zur Welt kommen, eher bei 50 Prozent liegen. Doch die Überlebens- und auch die Normalentwicklungschancen steigen danach rapide an. Daher ist es so wichtig, Babys möglichst lange im Mutterleib zu halten: Jede Woche, die das Baby länger im Mutterleib heranreift, zählt“, erklärt Dr. Georg Frey.

Entscheidend für die bestmögliche Entwicklung sei eine optimale Zusammenarbeit zwischen Pflege- und Ärzteteam unter Einbeziehung der Eltern. Eltern haben die Möglichkeit, in sogenannten Rooming-In-Zimmern ganz nah bei ihren Kindern zu sein. „Das versuchen wir auch in Corona-Zeiten so gut es geht aufrechtzuerhalten. Diese Nähe und Interaktion zwischen der Mutter bzw. den Eltern und dem Kind ist extrem wichtig für die optimale Entwicklung.“ Die Nähe sorgt laut Studien für einen gleichmäßigeren Herzschlag und eine stabilere Atmung bei den Kindern. Den Eltern wird durch dieses „Bonding“ der Aufbau einer innigen körperlichen und emotionalen Vertrautheit mit ihrem Kind ermöglicht. Auch mitschwingende Ängste werden so gut aufgefangen.

„Wenn es am Ende gut ausgeht, sind alle Beteiligten sehr erleichtert. Mit vielen Familien entsteht über diese Zeit bei uns auf den Stationen eine sehr enge Verbindung“, weiß der erfahrene Neonatologe. In vielen Fällen bestünde noch Jahre später Kontakt und ein regelmäßiger Austausch über die Entwicklung der Kinder. „Die nachhaltig positive Entwicklung der Versorgung Frühgeborener zeigt sich nicht nur in Zahlen (perinatalzentren.org). Von den 1.500 extrem Frühgeborenen, die seit Bestehen unseres Zentrums behandelt wurden, haben sich 70% ohne jede körperliche und geistige Einschränkung entwickelt und führen ein Leben in Gesundheit. Oft treffe ich Erwachsene, ehemalige Frühchen im Alltag: Anna als Mutter, Max als Ringer, Pascal als Patient, Felix als Maschinenbauingenieur, Julia als Studentin, Andreas im Rollstuhl im Wald, Jasmine als Verkäuferin, Michael im Heim, Jan beim SVD 98 und Pascal im Café.“

Auf https://www.fruehgeborene.de/fuer-betroffene informiert der Bundesverband „Das frühgeborene Kind“ und gibt Tipps für Eltern und Großeltern.

Hier kommen Sie zu unserer Klinik für Neonatologie  und hier zu unserem Perinatalzentrum Südhessen Level 1.