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Kahn- und Mondbein: Kleine Knochen, wichtige Funktion

Gesundheitstipp von Prof. Dr. Michael Wild, Direktor der Chirurgischen Klinik II – Orthopädie-, Unfall- und Handchirurgie

Wer kennt Kahn- und Mondbein? Kaum jemand. Nur Patienten, die eine Verletzung dieser beiden Knochen erlitten haben, wissen, wie wichtig diese beiden kleinen Handwurzelknochen für das Handgelenk sind und was für Folgen sowie Schmerzen eine nicht erkannte Verletzung dieser Handwurzelknochen mit sich bringen.

Verletzungen dieser beiden Handwurzelknochen betreffen meist jüngere und sportlich aktive Menschen. Klassisch ist ein heftiger Sturz auf die Hand bei überstrecktem Handgelenk. Aber auch ein einfacher Fahrradsturz, der versucht wird, mit der Hand abzufangen, kann zu einer Verletzung der beiden Handwurzelknochen führen.

Prinzipiell unterscheidet man dabei knöcherne Verletzungen von Bandverletzungen der Handwurzel. Die Kahnbeinfraktur tritt am häufigsten auf, während die sogenannte SL-Bandruptur (Scapho-Lunäre Bandruptur), also der Bänderriss zwischen Kahn- und Mondbein, die häufigste Bandverletzung der Handwurzel ist.

Das Tückische bei beiden Verletzungen ist, dass die anfänglichen Schmerzen, die wie eine heftige Verstauchung imponieren, meist rasch nachlassen und man relativ schnell wieder beschwerdefrei oder -arm ist. So wird meist auf eine weitere Abklärung oder ärztliche Untersuchung verzichtet, weil der Betroffene von einer einfachen Verstauchung ausgeht.

Das zweite Problem besteht darin, dass selbst wenn ein Arzt aufgesucht und Röntgenbilder angefertigt werden, diese Verletzungen trotz größter Sorgfalt bei der Befundung sehr leicht übersehen werden können. Dies gilt insbesondere für den Bänderriss zwischen dem Kahn- und Mondbein. Daher sollte im Verdachtsfall auf eine Kahnbeinfraktur immer ein Dünnschicht-CT oder dem Verdachtsfall auf einen Bänderriss eine MRT-Untersuchung oder sogar eine Gelenkspiegelung durchgeführt werden.

Die Behandlung einer rechtzeitig erkannten Scaphoidfraktur weist dabei eine sehr gute Prognose auf, wobei die konservative Behandlung der Kahnbeinfraktur mit einem Gips über 8 bis 12 Wochen aufgrund der Möglichkeit der minimalinvasiven Verschraubung des Kahnbeines mit einer speziellen Schraube ohne längere Gipsruhigstellung zunehmend in den Hintergrund tritt. Anders sieht die Situation bei einem Riss des SL-Bandes aus, hier sind die Ergebnisse selbst nach unmittelbarer Naht des Bandes häufig unbefriedigend und ziehen oft weitere operative Eingriffe nach sich.

Wird eine Kahnbeinfraktur oder eine Bänderruptur übersehen und nicht adäquat behandelt, bleibt die Heilung der verletzten Strukturen aus und die spätere operative Therapie gestaltet sich weitaus schwieriger und aufwendiger. Nach wenigen Jahren entsteht aus diesen Verletzungen zwangsläufig immer eine schwere Handgelenksarthrose, die oft eine Teil- oder Volleinsteifung des betroffenen Handgelenkes aufgrund der zunehmenden starken Schmerzen erforderlich macht. Grund dieses rasch eintretenden Gelenkverschleißes ist die Tatsache, dass die Handwurzelknochen die Funktion eines Kugellagers im Handgelenk haben. Dabei sind die einzelnen Handwurzelknochen über Bänder miteinander verbunden wie die Kugeln eines Radlagers mit einem Metallring. Wie im technischen Bereich führt ein zerstörtes Kugellager bzw. die gestörte Biomechanik der Handwurzelknochen zu einem erheblichen und raschen Verschleiß der betroffenen Struktur.

22. Juni 2020