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Rühr´ mich nicht an! - Phototoxische Hautschäden durch Gartenpflanzen

Gesundheitstipp von Oberarzt Dr. Ernst Hasche von der Hautklinik

Die Gartensaison hat begonnen.  Eine ungetrübte Freude am Gärtnern setzt allerdings eine möglichst genaue Kenntnis der Pflanzen voraus, denn keineswegs alle sind harmlos. Gärtner sollten dies zu ihrem eigen Schutz unbedingt beachten.

Ihre ortsgebundene Lebensweise bringt den Pflanzen viele Nachteile ein. Zu den größten dieser Nachteile gehört der Umstand, dass Pflanzen nicht vor ihren Fressfeinden fliehen können.  Zur Lösung dieses Problems haben Pflanzen im Laufe der Evolution eine Vielfalt von  unterschiedlichen und dabei sehr effektiven Überlebensstrategien entwickelt:  die mechanische Verteidigung durch wehrhafte Stacheln oder Dornen, durch harte Schalen und Rinden, die Fähigkeit sich zu verbergen, oder aber übel schmeckende oder giftige chemische Verbindungen zu produzieren.

Es gibt aber noch einen weiteren besonders raffinierten Trick im Arsenal pflanzlicher Verteidigungsmaßnahmen.   Er besteht  darin, Licht zur Abwehr  vor  Fressfeinden einzusetzen und ist wegen der Allgegenwart  des  Sonnenlichts höchst wirksam. Die Pflanzen, um die es hier geht, vermögen beträchtlichen Schaden und viel Leid bei den Menschen anzurichten, die sich unsachgemäß mit ihnen befassen, und  sei  es mit den besten Absichten. Zu  diesen Pflanzen gehört unter anderem der Riesenbärenklau, eine optisch beeindruckender invasiver Neophyt aus dem Kaukasus, wie der Diptam (auch bekannt als „Brennender Busch“), ein Vertreter der Rautengewächse und damit entfernter Verwandter der Zitrone, der sich wegen seiner schönen exotischen Blüten in manchem Garten und Park findet.  Auch Wiesengras, Klee, Engelwurz und  Johanniskraut zeigen diese Eigenschaften. 

Kommt man unbeabsichtigt mit diesen Pflanzen oder ihrem Saft bei der Gartenarbeit in Hautkontakt, entwickeln sich an den betreffenden Partien unter Lichteinwirkung bald stark juckende Rötungen und Schwellungen bis hin zu Brandblasenbildung, weil die entsprechenden Pflanzeninhaltstoffe die Lichtempfindlichkeit der Haut weit über das gewöhnliche Maß hinaus steigern. Furocumarine, Hypericine oder Fragopyrine haben gewissermaßen die gegenteilige Wirkung von Sonnenschutzmittel. Phototoxische Reaktionen dieser Art, wie sie der Diptam oder der Riesenbärenklau hervorrufen, bedürfen meist einer ärztlichen Behandlung. Kühle Schwarztee-Umschläge und kortisonhaltige Cremes  sind hier sehr nützlich und natürlich bleibt das Sonnenlicht soweit als möglich zu meiden.  Der Umgang mit den betreffenden Pflanzen etwa im eigenen Garten darf nur unter entsprechenden Schutzmaßnahmen erfolgen.

Doch auch das Schlechte hat oft etwas Gutes. Für die phototoxischen Reaktionen durch Pflanzeninhaltsstoffe gilt das ebenfalls. Die Medizin macht sich das Prinzip in unterschiedlicher Form und wachsenden Umfang zunutze, um elegant eine ganze Anzahl von Erkrankungen mittels Lichttherapie zu behandeln. Sie vermag  bestimmte Formen der Schuppenflechte, von Ekzemen und sogar Lymphomen wirkungsvoll zu lindern. Die photodynamische Therapie in ihrer modernen Form der Tageslichtvariante führt zu guten Erfolgen auch bei Vorstufen von Hautkrebs.

Das Wissen über die heilende Wirkung von Licht existiert bereits seit der frühen Antike, ebenso wie um die schädlichen Lichtwirkungen von Pflanzen.  Dieses alte Wissen ging teilweise durch die wachsende Entfernung des Menschen zur Natur verloren und muss uns deshalb neu ins Bewusstsein gebracht werden. Die Folgen unsachgemäßer Gartenarbeit können dazu  letztlich beitragen.

29. Mai 2020