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Multiple Sklerose – rascher Behandlungsbeginn verhindert bleibende Beeinträchtigungen

Gesundheitstipp von Dr. med. Ingo Schirotzek, Oberarzt der Klinik für Neurologie und Neurointensivmedizin

Bei der Multiplen Sklerose (MS) handelt es sich um eine entzündliche Erkrankung, die Gehirn und Rückenmark befällt. Sie verläuft chronisch. Ursache ist eine Fehlsteuerung des Immunsystems. Insofern besitzt sie Ähnlichkeiten mit z.B. mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung oder der Schuppenflechte (Psoriasis), mit denen sie auch gemeinsam auftreten kann.

Die Erkrankung manifestiert sich häufig erstmals im Alter von ca. 20-40 Jahren, aber auch Kinder und deutlich ältere Personen können erstmals betroffen sein. Das weibliche Geschlecht überwiegt mit ca. 2 von 3 Erkrankungsfällen.

Erstbehandlung und Diagnosestellung finden zumeist an einer entsprechend qualifizierten Klinik mit einer neurologischen Fachabteilung statt. Im Einzelfall kann dies jedoch auch bereits durch einen niedergelassenen Neurologen/Neurologin durchgeführt werden. Ein wichtiger Baustein der Untersuchungen ist hierbei die Untersuchung des Liquors („Nervenwasser“), durch welche gegebenenfalls die Diagnose bereits im Frühstadium gesichert und andere Ursachen der geklagten Beschwerden ausgeschlossen werden kann.

Schub - Diagnose - Dauertherapie

Nach einem ersten Ereignis („Schub“), welches mit hochdosiertem Cortison intravenös über 3-5 Tage behandelt wird, und nach Stellung der Diagnose ist unbedingt eine Dauertherapie (verlaufsmodifizierende Therapie, Schubprophylaxe) zu starten. Der Vorteil des frühzeitigen Beginns einer solchen Behandlung in Bezug auf die Vermeidung anhaltender Beeinträchtigungen ist in einer großen Zahl an langfristigen Verlaufsuntersuchungen eindrucksvoll belegt. Dies gilt auch für eine möglichst rasche Intensivierung der Behandlung, sollte es unter der aktuellen Therapie zu weiterer Krankheitsaktivität kommen.

Der Start und die nachfolgende Steuerung einer verlaufsmodifizierenden Therapie geschieht in der Regel bei einem niedergelassenen Neurologen/Neurologin. Falls gewünscht, kann ein MS-Zentrum bei schwierigen Konstellationen oder kompliziertem Verlauf mit eingebunden werden. Gemeinsam ist zwischen Arzt/Ärztin und Patientin/Patient in Anbetracht der Art der Erstmanifestation, dem Ansprechen auf Cortison sowie dem Ausmaß bereits bestehender Veränderungen in der Kernspintomografie (MRT) von Gehirn und Rückenmark einerseits sowie Präferenzen sowie der besonderen Situation der Patientin/des Patienten andererseits die Behandlung zu planen. So dürfen z.B. eine Reihe möglicher Medikamente nicht genommen werden, wenn die Patientin in absehbarer Zeit schwanger werden möchte. Zudem besteht bei anderen Präparaten ein etwas erhöhtes Infektionsrisiko, auf welches Acht zu geben ist. In bestimmten Fällen kann dieses Risiko z.B. durch Aktualisierung oder erstmalige Verabreichung bestimmter Impfungen oder regelmäßige Laborkontrollen drastisch reduziert werden.

Die zur Verfügung stehende Präparate (derzeit ca. 20 verschiedene Medikamente) besitzen unterschiedlich Wirksamkeiten, sie unterscheiden sich auch in ihrer Anwendung (Spritze, Tablette, Infusion) sowie in ihren unerwünschten Wirkungen. All dies ist bei der Auswahl zu berücksichtigen.

Zu den höher aktiven Therapien gehören beispielhaft Präparate zur Unterdrückung der Funktion der B-Zellen, einer wichtigen, an der Erkrankung wesentlich beteiligten Untergruppe der Lymphozyten, einer Subpopulation der weißen Blutzellen. Sie werden als Infusionen oder Injektionen gegeben. Eine weitere Gruppe ist die der sogenannten -imode, deren Wirkung u.a. in der Zurückhaltung von Lymphozyten in Lymphknoten besteht. Sie können als Tabletten eingenommen werden.

Maßgeschneiderte Therapien

Ziel der Behandlung ist eine rasche und möglichst vollständige Unterdrückung neuer Krankheitsaktivität. Bereits bestehende, ältere Läsionen in der Bildgebung oder anhaltende Beschwerden nach vorausgegangenen Schüben mit unvollständiger Rückbildung lassen sich dadurch jedoch zumeist nicht beheben.

Die Menge verfügbarer Präparate lässt bei guter Beratung durch einen in der Erkrankung versierten Arzt eine „maßgeschneiderte“ Therapie zu. Diese muss jedoch bezüglich Wirksamkeit und möglicher unerwünschter Wirkungen streng kontrolliert werden – am Anfang engmaschig, bei stabilem Verlauf später in längeren Abständen. Durch einen frühzeitigen Start mit dem ausgewählten Medikament kann mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere entzündliche Aktivität und damit bleibende Beeinträchtigung heutzutage in den allermeisten Fällen sehr zuverlässig verhindert werden.

Klinik für Neurologie und Neurointensivmedizin