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Pflege im Wandel

Über gute Pflege heute und die Anforderungen in der Zukunft sprechen Pflegedirektorin Annette Hofmann, ihr Stellvertreter Johannes Hofmann, die Pflegedienstleiterin Margarete Lindner und Christina Horst vom Klinikum Darmstadt und Martina Eggebrecht, Pflegedienstleiterin am Marienhospital Darmstadt

Früher verstand sich die Pflege als Assistenz der Ärzte. Das hat sich gewandelt. "Wir sind eine eigene Profession, die sich immer mehr spezialisiert. Wir wollen immer noch Menschen helfen, wir entscheiden uns aber immer mehr auch deshalb für diesen Beruf, weil er viele Aufstiegs- und Möglichkeiten zur Persönlichkeitsentwicklung bietet. Die Eigenwahrnehmung und das Selbstbewusstsein der Pflegenden haben sich geändert", so Annette Hofmann, Pflegedirektorin am Klinikum Darmstadt.

Christina Horst, Pflegedienstleiterin ergänzt: „Zudem ist das Pflegepersonal heute zusätzlich speziell aus- und weitergebildet. Die fachlichen  Anforderungen die an die Pflegekräfte gestellt werden sind extrem hoch. Das spiegelt sich in Themen wie Wundmanagement, Hygiene, Stations- und Bereichsmanagement, Sturzprophylaxe, Verabreichung von Zytostatika und vielem mehr wieder. Auch die Akademisierung in der Pflege führt dazu, dass der ärztliche Dienst und die Pflege sich auf Augenhöhe hinsichtlich der Versorgung von Patienten  treffen können.“

Auch die Patienten haben sich verändert - weg vom Leidenden hin zum Kunden. Patienten sind heute selbstbewusst, häufig gut informiert und haben meist die Wahl, in welches Krankenhaus sie gehen möchten. Patienten haben ihre Abhängigkeit verloren. Auch die Pflege ist eine Dienstleistung, bei der um Patienten gebuhlt werden muss. Patienten erwarten heute höchste Pflegequalität, neueste medizinische Behandlungen und gleichzeitig bestes Wohlfühlambiente und Hotelleistungen.

Die Hauptaufgaben von Pflegekräften sind heutzutage das Management auf Station, die Steuerung des Aufenthaltes und die Organisation der Abläufe. "Wir müssen unsere Arbeit ständig dem medizinischen Wissensstand anpassen, verbunden mit hoher Bereitschaft zu helfen", erklärt Margarete Lindner, Pflegedienstleiterin am Klinikum. „Wir schauen jeden Patienten ganz individuell an und unterstützen seine Unabhängigkeit so weit wie möglich, fördern diese oder stellen sie wieder her. Ziel ist es, den Aufenthalt möglichst effektiv zu steuern – auch weil wir aus Studien wissen, dass lange Aufenthalte weder der Gesundheitsförderung noch der Heilung zuträglich sind. Dazu sind wir die Vermittler und Kommunikatoren zwischen Familie und Sozialdiensten und zwischen allen Berufsgruppen im Haus.“  

Wie können Pflegekräfte entlastet werden, damit sie nicht demotiviert werden oder sich stark belastet und erschöpft fühlen?

Annette Hofmann: „Der Arbeitgeber und alle Vorgesetzten müssen jeden einzelnen Mitarbeitenden sehen und mit jedem wertschätzend umgehen. Zum Zweiten müssen die Organisationsprozesse stimmen und flexibel sein. Dafür haben wir uns in den vergangenen zwei Jahren, in denen diese Pflegedirektion so personell zusammenarbeitet, viele Dinge einfallen lassen und implementiert. Wir haben einen Springerpool entwickelt, der in festen Arbeitszeiten dort zum Einsatz kommt, wo akute krankheitsbedingte Engpässe sind. Dieser Pool kommt zum Beispiel jungen Müttern zugute, die nur ein paar Stunden vormittags Zeit für ihren Beruf haben. Wir haben Blutentnahme-Teams konzipiert, die die Pflegekräfte auf den Stationen ganz konkret von Arbeit entlasten. Ebenso bauen wir gerade Medikamententeams auf, die sich rein auf diese Tätigkeit konzentrieren - dies ist zum Beispiel ein guter Arbeitsplatz für ältere Pflegekräfte, die sich den schweren körperlichen Arbeiten nicht mehr aussetzen wollen oder können. Auch Poolsekretärinnen bauen wir auf – sie sollen in Zukunft Stationen entlasten, wenn die eigene Stationssekretärin krank oder in Urlaub ist.“

Martina Eggebrecht: „Im Marienhospital haben wir in den vergangenen Monaten die Qualitäts- und Organisationsstandards des Klinikums übernommen und eingeführt. Den Dreischichtbetrieb haben wir flexibilisiert: jetzt stehen den Kolleginnen und Kollegen 20 neue Arbeits- und Dienstzeiten zur Verfügung. Auch hier gibt es jetzt den Qualifikationsmix in der Pflege und in den Stationen. Die Stationsleitungen haben mehr Kompetenzen als Führungskräfte erhalten, was für sie mehr Entscheidungs- und Handlungsfreiheit aber auch mehr Pflichten mit sich bringt. Ich bin sehr froh, dass wir es über die Monate ohne allzu große Verwerfungen geschafft haben, diese Veränderungen umzusetzen und das Team dabei mitzunehmen. Da ist ein Kulturwandel und Paradigmenwechsel passiert: von einem traditionell familiär geführten Haus hin zu einer Professionalisierung und Ökonomisierung, wie es die Vorgaben von Politik und Gesundheitswirtschaft nun mal vorsehen. Das muss man ganz klar so sagen.“

Nachtdienst – alleine zuständig für 30 Patienten. Wie schafft man das?

Johannes Hofmann, stellvertretender Pflegedirektor: „Das ist nichts Neues. Das war schon immer so. Bloß haben sich heute die Patienten und der Pflegeprozess geändert. Wir schaffen das, indem wir Aufgaben vom Nacht- in den Tagdienst übertragen haben. Die Unterstützung ist in den einzelnen Stationen sehr unterschiedlich; in einigen setzen wir auch nachts Springerdienste ein, um unseren Kolleginnen und Kollegen zur Seite zu stehen. Pflege wird sich immer weiter spezialisieren und die Basispflege wird immer mehr von Hilfskräften erledigt. Deutschlandweit liegt ein Problem darin, dass es zu wenige Pflegefachkräfte gibt. Das wird leider von der neuen generalisierten Pflegeausbildung, die jetzt auf uns zukommt, eher noch konterkariert: die Medizin wird immer spezialisierter, die Pflegeausbildung aber, die wird generalisiert. Da wird es sehr stark auf die Fort- und Weiterbildung ankommen. Wir setzen ganz konkret unser Engagement auf die Ausbildung. Im Oktober sind bei uns 60 Auszubildende in der Gesundheits- und Krankenpflege eingestiegen. Alle haben bei guten Noten die feste Zusage auf eine anschließende Festanstellung. Wir finden Fachkräfte durch unser tägliches Handeln und indem wir unser gutes Image und die Stimmung in unseren Häusern nach außen tragen und dadurch immer mehr erreichen, dass die guten Pflegefachkräfte zu uns kommen wollen. Das greift schon, das spüren wir."

Was muss für die Pflegekräfte in deutschen Krankenhäusern noch geschehen?

Annette Hofmann: „Die Krankenhäuser müssen wirtschaftlich so aufgestellt werden, dass sie ausreichend Pflegekräfte einstellen können und die Ausbildung muss gewährleisten, dass Qualität und Quantität stimmen.“

Christina Horst: „Perspektivisch muss man auch den drohenden Fachkräftemangel im Auge behalten. Familienfreundliche Arbeitszeitmodelle können es Vätern und Müttern ermöglichen, Beruf und privaten Alltag zu vereinbaren oder bei der Versorgung pflegebedürftiger Angehöriger zu unterstützen. Für ältere Mitarbeiter müssen Modelle weiterentwickelt werden, um gesund das Rentenalter zu erreichen.“

Margarete Lindner: „Das Klinikum bietet mit seinen Tochterunternehmen ein ganzes Füllhorn an Berufsfeldern, Arbeitsstätten und Zeitmodellen. Zudem bietet Pflege einen absolut krisensicheren Arbeitsplatz. Und das verbunden in unserem Haus mit Tariflohn mit Zulagen, Vergütung aller geleisteter Arbeitszeiten, sehr individuellen und vielfältigen Arbeitszeiten, die an die familiäre Situation immer wieder neu angepasst werden können, breite Weiterbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten, gute Aufstiegsmöglichkeiten, flache Hierarchien und (lacht) eine super nette Pflegedirektion!“