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Was tun bei schlagartig nie zuvor erlebtem Vernichtungskopfschmerz?

Gesundheitstipp Aneurysma von Prof. Dr. Marius Hartmann, Direktor des Institutes für Radiologie, Neuroradiologie und Nuklearmedizin

Ein zerebrales Aneurysma ist eine krankhafte Aufweitung einer Hirnarterie und entsteht aufgrund einer umschrieben oder generalisierten Gefäßwandschwäche. Etwa 4% aller Menschen haben ein Aneurysma.

Platzt ein Aneurysma im Gehirn ist dies ein lebensbedrohliches Ereignis. Sie trifft oft relativ junge Menschen und führt häufig zum Tod. Von den überlebenden Patienten ist jeder zweite lebenslang beeinträchtigt und auf Hilfe angewiesen.

Wie kommt es zu einem Aneurysma?
Vermutlich besteht ursächlich eine umschriebene Gefäßwandschwäche. Üblicherweise entstehen Hirnaneurysmen an Gefäßaufzweigungen. Durch die Pulsation des Blutes und Scherkräfte an der Gefäßaufzweigung beginnt das Aneurysma zu wachsen. Die Entstehung und das Wachstum werden durch hohen Blutdruck, Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum gefördert. In seltenen Fällen besteht auch eine familiäre Häufung von Aneurysmen aufgrund einer genetischen Disposition. Zu berücksichtigen sind aber nur Verwandte 1. Grades.

Symptome und Prognose bei Hirnaneurysmen
Platzt ein Aneurysma tritt typischerweise schlagartig ein zuvor nie erlebter Vernichtungskopfschmerz auf.

Diesem Kopfschmerz folgen oft unmittelbar:
•    Übelkeit
•    Erbrechen
•    Nackensteifigkeit 
•    Benommenheit bis hin zur Bewusstlosigkeit 

In dieser Situation muss der Betroffene unverzüglich mit dem Notarzt in eine Klinik gebracht werden, die mit der Schlaganfallbehandlung und der Behandlung von Hirngefäßerkrankungen erfahren ist.

Nicht geblutete Aneurysmen müssen keine Beschwerden machen, solange sie intakt sind. Größere Aneurysmen im Gehirn können durch Druck auf angrenzendes Hirngewebe und Hirnnerven zu Beschwerden führen, z. B.: Doppelbilder, Krampfanfall, Gesichtsschmerz.

Aufgrund des potenziell schwer behinderten bis tödlichen Krankheitsverlaufs ist grundsätzlich die Behandlung eines Hirnaneurysmas angeraten. Geblutete Aneurysmen müssen wegen des hohen Nachblutungsrisikos behandelt werden. Ziel der Aneurysmabehandlung ist die Beseitigung der Blutungsgefahr durch komplette Ausschaltung des Aneurysmas aus dem Hirnkreislauf.

Grundsätzlich gibt es zwei Methoden der Aneurysmabehandlung:
•    Die klassische Methode ist die neurochirurgische Operation. Hierzu wird der Schädel eröffnet und das Aneurysma mit einer kleinen Klammer (sog. Clip) an der Basis verschlossen.
•    Die zweite und jüngere Methode, aber auch schon 30 Jahre alt, ist die neuroradiologische minimal invasive Behandlung in Kathetertechnik, das sog. Coiling. Hier werden ablösbare Platinspiralen in Mikrokathetertechnik im Aneurysma platziert und das Aneurysma damit vom Blutkreislauf ausgeschaltet. 

Durch die zunehmende Erfahrung der endovaskulären Therapeuten und die rasante technische Weiterentwicklungen ist die endovaskuläre Aneurysmatherapie mittlerweile nicht nur eine echte Alternative, sondern vielfach erste Wahl in der Therapie dieser Erkrankung. Aneurysmen im Gehirn sind heute in nahezu jeder Lokalisation endovaskulär behandelbar, auch im Stadium der akuten Blutung.

Die sog. ISAT-Studie ist eine internationale randomisierte, prospektive Studie, die die endovaskuläre und die neurochirurgische Therapie bei gebluteten Aneurysmen im Gehirn verglich. Die Studie wurde vorzeitig gestoppt, da die klinischen Ergebnisse bei der Coilbehandlung gegenüber der neurochirurgische Therapie signifikant besser waren. Auch die Langzeitergebnisse nach mehr als zehn Jahren belegen die Überlegenheit des Coilings gegenüber der neurochirurgische Therapie.

Das Institut für Neuroradiologie am Klinikum Darmstadt bietet die gesamte Palette der endovasklulären Aneurysmatherapie an. 

Wir bieten folgende Techniken der endovaskulären Aneurysmatherapie
Coiling mit Platinspiralen
Remodeling Technik mit Ballon 
Stent geschützte Aneurysmaembolisation
Behandlung von fusiformen Aneurysmen und Riesenaneurysmen mit den Fluss steuerndem Stent, sog. Flow Diverter Stent
Behandlung mit den Fluss steuernden Drahtkörbchen im Aneurysma

Das zufällig entdeckte Aneurysma (inzidentelles Aneurysma)
Wenn ein Aneurysma zufällig diagnostiziert wurde, empfehlen wir ein Beratungsgespräch mit einem auf Hirn-Aneurysmen spezialisierten Arzt der Neuroradiologie (Hier einen Termin vereinbaren: Tel.: 06151 - 107 4567, - 107 – 6751; neurozentrum@mail.klinikum-darmstadt.de) oder Neurochirurgie. Das Klinikum Darmstadt bietet hierfür durch das 2024 neu etablierte Neurozentrum optimale Voraussetzungen in der Beratung, Behandlung und Nachsorge von Patienten mit symptomatischen als auch zufällig entdeckten Hirnaneurysma. 

Das Neurozentrum besteht aus dem neugeschaffenen Institut für Neuroradiologie, der Klinik für Neurologie und neurologische Intensivmedizin und der Klinik für Neurochirurgie. Die Befunde werden regelmäßig interdisziplinär in einem Neurovaskulären Board besprochen und eine Therapieempfehlung ausgesprochen.
 
Risikofaktoren kennen und einschätzen
Folgende Faktoren beeinflussen (einzeln oder in Kombination) das Blutungsrisiko und dienen somit als Entscheidungshilfe, ob das Aneurysma behandelt werden sollte oder nicht. 

Risikofaktoren:
•    Aneurysmagröße > 7 mm
•    mehrere Aneurysmen
•    unregelmäßige Form
•    Tochterblase
•    Bluthochdruck
•    aktives Rauchen 
•    erhöhter Alkoholkonsum
•    Größenwachstum in den MRT-Verlaufsuntersuchungen,
•    Familiäres Aneurysma mit 2 oder mehr betroffenen Angehörigen ersten Grades    
•    Lokalisation in der hinteren Zirkulation (vertebro-basilär)     
•    Genetische Faktoren wie die polyzistische Nierenerkrankung,
•    Bindegewebserkrankung (Kollagenose)    

 
Prognose
Die Prognose der Aneurysmaerkrankung hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Bei zufällig entdeckten bzw. noch nicht gebluteten Aneurysmen sind die Heilungschancen gut. Ist es zu einer Hirnblutung gekommen, bestimmen das Ausmaß der Blutung und die dadurch bedingten Komplikationen den Krankheitsverlauf. Dazu gehören eine direkte Hirngewebeschädigung, im Verlauf auftretende Hirndurchblutungsstörungen durch Vasospamen, Hirnnervenwasseraufstau (Hydrozephalus), internistische Herz-Kreislauf-Komplikationen.

30% der Patienten mit einer SAB sterben unmittelbar an der Blutung, weitere 30% an den durch die Blutung bedingten Komplikationen. Von den Überlebenden sind 30% lebenslang körperlich beeinträchtigt und auf Hilfe angewiesen.

Muss man jedes Aneurysma behandeln?
Häufig steht der Patient / die Patientin vor der Frage, ob ein zufällig entdecktes Aneurysma, das keine Beschwerden macht, überhaupt behandelt werden muss. Die Antwort ist einfach: Nein. Aber die Entscheidungsfindung ist schwierig.

Die Risikoabschätzung der Blutungsgefahr und das Aufwiegen der potentiellen Behandlungsrisiken sind von vielen Faktoren abhängig und letztlich noch nicht völlig geklärt.

Zu den Risikofaktoren, die eine Blutung begünstigen gehören Größe, Form und Lage des Aneurysmas. Dabei gilt auch hier, dass die Größe allein nicht alles ist. Die oft geforderte Mindestgröße vor Therapie von 7 mm ist nicht haltbar. Die klinische Erfahrung zeigt, dass 40% der Aneurysmen, die zu einer Blutung führen 4 mm und kleiner sind. Individuelle und familiäre vaskuläre Risikofaktoren müssen zudem bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden.

Entschließt der Patient / die Patientin sich zu einer Therapie ist die entscheidende prädiktive Variable hinsichtlich des Erfolgs einer Behandlung die Erfahrung und die manuelle Geschicklichkeit des Therapeuten, egal welche Therapie durchgeführt wird.

In der täglichen Diskussion um die beste Therapieoption für das einzelne Aneurysma ist daher eine Menge an Ehrlichkeit verlangt und eine realistische Einschätzung der eigenen technischen Möglichkeiten und Fähigkeiten.

Über 25 Jahre Erfahrung
Wir verfügen mittlerweile über 25 Jahre Erfahrung in der minimal invasiven endovaskulären Behandlung der Hirnaneurysmen. Mehr als zwei Drittel der Hirnaneurysmen werden im Klinikum Darmstadt im Institut für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie in enger Zusammenarbeit mit der Neurochirurgischen Klinik und der Klinik für Neurologie und neurologische Intensivmedizin endovaskulär erfolgreich behandelt. Nur in diesen Strukturen ist es möglich, die Sterblichkeit beim schweren Schlaganfall weiter zu senken und das Behandlungsergebnis für Patientinnen und Patienten zu verbessern.

Institut für Radiologie, Neuroradiologie und Nuklearmedizin